In Diskussionen über erneuerbare Energien taucht immer wieder ein Argument auf: Solaranlagen würden zur Erderwärmung beitragen, weil sie Sonnenlicht absorbieren und damit den natürlichen Energiehaushalt der Erde verändern. Doch was ist dran an dieser Behauptung? Und wie ordnen Wissenschaft und Forschung diesen Effekt ein?

Hintergrund: Wie funktionieren Photovoltaikanlagen?
Photovoltaikanlagen (PV) wandeln Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Dabei absorbieren sie Strahlung, die sonst vom Untergrund (etwa Dachflächen, Böden oder Wiesen) reflektiert oder ebenfalls in Wärme umgewandelt worden wäre.
Ein kleiner Teil dieser absorbierten Energie wird in Strom umgewandelt und ins Netz eingespeist oder lokal verbraucht. Der Großteil wird, wie bei fast allen technischen Prozessen, als Abwärme wieder an die Umgebung abgegeben – durch Konvektion oder Strahlung.
Kritiker führen diesen Wärmeeffekt als Argument gegen PV-Anlagen ins Feld. Aber ist dieser tatsächlich relevant?
These: Photovoltaik trägt zur Erwärmung bei – was steckt dahinter?
In sozialen Medien oder kritischen Kommentaren liest man regelmäßig: PV-Anlagen seien „riesige Heizplatten“, die die Umwelt zusätzlich erwärmen würden.
Wissenschaftlich nennt sich dieses Phänomen der „Albedo-Effekt“. Albedo beschreibt das Rückstrahlvermögen einer Oberfläche. Helle Flächen wie Schnee oder Sand reflektieren viel Sonnenlicht und haben eine hohe Albedo. Dunkle Flächen wie Asphalt oder eben Solarmodule absorbieren mehr Strahlung – und könnten dadurch lokal zur Erwärmung beitragen.
Die Frage ist also: Führt die Veränderung der Albedo durch PV-Anlagen zu einer messbaren, problematischen Erwärmung – lokal oder gar global?
Forschungslage: Was sagen Studien?
1. Globale Effekte: Kein messbarer Einfluss
Die tagesschau zitiert in einem Faktencheck mehrere Expert:innen, die einhellig betonen: Der Beitrag von Photovoltaikanlagen zur globalen Erwärmung ist vernachlässigbar.
Auch eine international zitierte Studie von Miller und Keith (2014, Frontiers in Environmental Science) hat untersucht, wie große PV-Anlagen in Wüstenregionen das Klima beeinflussen könnten. Ergebnis: Lokale Temperaturerhöhungen im Bereich von 0,5 bis 3 °C über den Anlagen sind messbar – insbesondere bei Freiflächenanlagen in Wüsten mit sehr hoher natürlicher Albedo.
Jedoch: Auf die globale Mitteltemperatur haben selbst riesige PV-Felder keine nennenswerte Auswirkung. Der durch PV eingesparte CO₂-Ausstoß wiegt den minimalen Albedo-Effekt um ein Vielfaches auf.
Fazit der Autoren: „Die langfristige Kühlwirkung durch reduzierte Treibhausgase überwiegt den lokalen Erwärmungseffekt deutlich.“
2. Vergleich mit städtischen Flächen
In Städten sind Dächer, Straßen und Fassaden ohnehin sehr dunkle Flächen – mit niedriger Albedo. Wenn dort PV-Anlagen installiert werden, verändert sich die Albedo kaum. Im Gegenteil: Da Solarmodule nicht nur absorbieren, sondern auch Strom erzeugen (und damit einen Teil der Energie aus dem lokalen Kreislauf „entziehen“), kann die Energiebilanz sogar günstiger ausfallen.
Zudem zeigen Studien, dass PV-Anlagen auf Dächern im Sommer zur Reduzierung des Wärmeeintrags in Gebäude führen können – was wiederum den Kühlbedarf und damit den Stromverbrauch senkt.
PV auf Mehrfamilienhäusern – besonders im Fokus
Bei Mehrfamilienhäusern stellen sich viele Fragen:
- Wird es im Dachgeschoss durch PV heißer?
- Verschlechtert sich das Wohnklima im Sommer?
- Ist PV auf städtischen Dächern wirklich sinnvoll?
Antwort:
- PV-Module verschatten die Dachfläche.
- Das reduziert die direkte Sonnenstrahlung auf die Gebäudehülle.
- Studien zeigen: Dachflächen heizen sich unter PV sogar weniger auf – gut für das Raumklima und die Klimatisierungskosten.
Städtische Dächer sind meist bereits dunkel – PV ändert am Albedo-Wert kaum etwas, verbessert aber die Energieversorgung und senkt CO₂-Emissionen.
Emissionen im Lebenszyklus: Wie sauber ist Solarstrom wirklich?
Ein weiterer Aspekt in der Diskussion ist die Frage, wie klimafreundlich Solarenergie tatsächlich ist, wenn man Herstellung, Transport, Installation und Entsorgung berücksichtigt.
Das Fraunhofer ISE hat dazu in seiner Publikation „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland“ (2024) umfangreiche Daten veröffentlicht:
- Eine in Deutschland installierte PV-Anlage hat ihre Energie-Amortisationszeit nach ca. 1 bis 2 Jahren erreicht.
- Über ihre Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren hinweg produziert sie also ein Vielfaches der Energie, die zu ihrer Herstellung benötigt wurde.
- Der CO₂-Fußabdruck liegt bei rund 40 bis 60 g CO₂-Äquivalent pro erzeugter Kilowattstunde – verglichen mit ca. 900–1000 g bei Braunkohle.
Diese Zahlen zeigen: Selbst unter Berücksichtigung aller Vorketten ist Solarenergie eine der klimafreundlichsten Technologien zur Stromerzeugung.
Fazit: Der Albedo-Effekt ist real – aber nicht relevant
Ja, Solarmodule verändern die Reflexionseigenschaften einer Fläche. Und ja, sie geben Wärme ab. Aber: Diese Effekte bewegen sich lokal im überschaubaren Bereich und haben global keine spürbare Bedeutung. Sie stehen in keinem Verhältnis zum positiven Klimaeffekt, der durch die Vermeidung fossiler Stromerzeugung entsteht.
Ein Vergleich mit anderen Landnutzungsformen macht dies deutlich: Landwirtschaft, Bebauung und insbesondere die Verbrennung fossiler Energien verursachen weit größere Klimaeffekte – sowohl lokal als auch global.
Einordnung: Warum die Debatte wichtig ist
Die Diskussion um angebliche „Nebenwirkungen“ von Solaranlagen zeigt, wie wichtig sachliche Kommunikation und transparente Information in der Energiewende sind.
Kritik an der Umsetzung – etwa in Bezug auf Flächenkonkurrenz, Recycling, Netzanschluss – ist berechtigt und wichtig. Aber sie darf nicht auf einem Fundament von Fehlinformationen oder verzerrter Wahrnehmung stehen.
Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig: Solarenergie ist ein zentrales Element im Kampf gegen den Klimawandel – nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.
Quellen (Auswahl):
- Tagesschau.de – Faktenfinder: Solarenergie & Erderwärmung
- Miller & Keith (2014): The radiative forcing of solar PV deployment. Frontiers in Environmental Science.
- Fraunhofer ISE (2024): Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland.
- Umweltbundesamt: Vergleich der Treibhausgasemissionen verschiedener Energieträger.
Hier entsteht offensichtlich ein Glaubenskrieg zwischen verschiedenen Wissenschaftern bezüglich der Auswirkung von PV-Anlagen auf das Weltklima.
Ich bin überzeugt, dass der Wärmeeintrag der Solarmodule, welche auf Dächern installiert sind, weitestgehend gegenüber der freien Dachfläche gleichzusetzen ist, da sich ja auch Dachdeckungen bei direkter Sonneneinstrahlung erheblich erwärmen.
Anders hingegen sehe ich Anlagen, wo große Feldflächen mit PV-Anlagen abgedeckt werden. Hier muss der Albedo-Effekt zu ungunsten der PV-Anlage ausgehen, da die Wärmerückstrahlung von begrünten Flächen deutlich geringer ist, als von den schwarzen PV-Modulen. Hier vermisse ich aber die entsprechenden Studien. Ich kann mir vorstellen, dass hier die PV-Anlage in Summe durchaus eine Umweltbelastung darstellt.
Danke für Ihren Kommentar, Frau Wallner. Im Beitrag – und das hätte ich am Anfang deutlicher schreiben können – geht es mehrheitlich um Solaranlagen auf dem Dach. Zudem wollte ich auf die klare Verkürzung Mancher hinweisen, die Solaranlagen zusammenhanglos als umweltbelastend darstellen. Der Text ist definitiv eher als Einstieg zu zu betrachten, als das er eine erschöpfende Antwort auf die recht komplexe Fragen bietet, wie die absolute Umweltbilanz von Solarmodulen aussieht. Unterm Strich ist aus meiner Sicht der Vergleich der Energieformen sowieso relevanter: Also nicht, ob Erneuerbare Energie eine Umweltbelastung ist, sondern welche (erneuerbare) Energie die am wenigsten Umweltbelastende ist.